Warum wir keine Veränderungen mögen

WIE SIE AKTIV WERDEN, UM VERÄNDERUNGEN ZU MEISTERN UND DIE MACHT DER GEWOHNHEIT BESIEGEN:

In der heutigen Zeit stellen Wandel und Veränderungsfähigkeit ein zentrales Merkmal in unserem Alltag dar. Auch im Business vergeht kaum ein Tag, an dem es nicht darum geht, Dinge, Abläufe, Strategien oder Prozesse anzupassen und zu verändern.

Dabei wird oft davon ausgegangen, dass die Veränderung verständlich angeordnet wird, und dann läuft das schon irgendwie. Das ist leider nur die halbe Wahrheit, denn eine Veränderung, auch wenn sie scheinbar nur rationale Aspekte wie Tätigkeitsroutinen betrifft, bringt in der Folge mental viele weitere Herausforderungen mit sich.

Veränderungen und die Macht der Gewohnheit

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Deswegen lieben wir Routinen und bekannte Muster. Und so entwickeln wir alle – ob Unternehmer:in, Führungskraft und/oder Mitarbeiter:in – im Laufe der beruflichen Laufbahn genaue Vorstellungen davon, wie Abläufe genau erfolgen, welche Herangehensweisen funktionieren und welche Ansichten richtig sind. Wir bekommen ein Gefühl dafür, wie der Markt abläuft, was Kunden wünschen, wie Mitarbeiter:innen geführt werden sollten oder wie das Unternehmen strategisch ausgerichtet werden muss.

Und dabei läuft vieles so wunderbar automatisch ab – Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Anders wäre es auch fatal, denn stellen Sie sich mal vor, Sie müssten vor jeder Entscheidung eine genaue Analyse durchführen. Sie würden es nicht einmal schaffen, morgens beizeiten am Arbeitsplatz anzukommen. Sport oder nicht? Frühstück oder nur einen Coffee to go? Die hellgrauen oder doch die schwarzen Schuhe? Rucksack oder Businesstasche? Das Auto nehmen oder mit dem Fahrrad fahren? Die eine Route nehmen oder doch die andere? Die News komplett lesen oder nur das, was wichtig ist? …

Das liest sich schon ganz schön anstrengend, oder? Ist es auch. Deswegen hat unser Gehirn prinzipiell einen praktikablen Lösungsansatz entwickelt. Denn für die Beantwortung all dieser Fragen kennt das Gehirn großartige Abkürzungen, nämlich die Gewohnheit und der Autopilot. „Ich mache immer Sport und dann wird gefrühstückt. Ich bin schon immer mit dem Auto gefahren.“ Punkt. Fertig. Nachgedacht wird nur, wenn es um Grundsätzliches geht. Steht die Entscheidung einmal, dann bitte nicht mehr an ihr rütteln. Das machen wir schon immer so. Ist sie nicht toll, die Gewohnheit?

Das machen wir doch schon immer so…

Während der Autofahrt läuft auch alles automatisch ab. Blinker, Schulterblick, Spur wechseln. Ja, dieser Vorgang, der den Fahrlehrer damals möglicherweise an den Rand der Verzweiflung brachte, läuft heute einfach so ab. Während uns der Autopilot im Gehirn durch den Verkehr lotst, können wir – natürlich mit der Freisprechanlage – telefonieren oder über die nächsten Schritte bei einem Projekt nachdenken. Der Kopf ist frei für die großen Dinge, Gewohnheit und Autopilot im Gehirn regeln den Rest.

Übrigens belegen die Neurowissenschaften diese uralten Grundsätze der menschlichen Lern- und Entwicklungsfähigkeit: Wenn Informationen im Gehirn gespeichert werden, haben sehr viele neuronale Netzwerke komplexe Aufgaben zu erledigen. Werden diese neuronalen Verknüpfungen regelmäßig mit den neuen Informationen konfrontiert, legt das Gehirn eine Art Lösungsmuster an. Sobald es erneut eine solche Begegnung mit der neuen Information gibt (z.B. einer neuen Herausforderung), aktiviert das clevere Gehirn die Verknüpfung und die Lösung ist da. Und dieser Prozess automatisiert sich dann irgendwann, wenn es mehrmals zu dem Lösungsmuster kommt.

Das clevere Gehirn versucht, Abläufe soweit es geht zu automatisieren. Soweit so gut… wenn da nicht die eigentlich geplante Veränderung wäre…

Veränderung, Neues und Stress

Das clevere Gehirn hat also grundsätzlich wenig Interesse daran, bewährte Lösungsansätze zu hinterfragen. Schließlich hat es Energie gekostet, die neuronalen Verknüpfungen aufzubauen. Auch wenn unser Gehirn fast uneingeschränkt zu Neuem und damit einhergehenden Veränderungen fähig ist, so löst eine solche Veränderung Unmengen an Hirnarbeit aus. Zudem hat das Gehirn einen starken Drang zur Beharrung und zum Festhalten am Gewohnten, was die Etablierung eines eh schon manchmal schwierig erscheinenden Veränderungsprozesses nicht unbedingt vereinfacht.

Unbekanntes und Unsicheres verursachen Stress. Und diese Reaktion liegt in der menschlichen Biologie begründet: Die Evolution hat uns einen emotionalen Haushalt beschert, der sich zunächst an unsere Überlebenschancen richtet. Aus diesem speisen sich auch die Intuition und Empathie. Wenn wir also hunderttausende von Jahren zurückblicken, auf das Leben unserer Ur-Ur-Vorfahren, so sind viele von den noch heute existierenden Abläufen im Gehirn verständlicher.

Damals wie heute hat unser Stammhirn, der instinkt-gesteuerte Teil unseres Gehirns, intuitiv signalisiert, dass Veränderungen und Neues bedrohlich sein könnten. Und eine damalige Bedrohung, beispielsweise die Begegnung mit einem Säbelzahntiger, war eine Alarmphase, die eine Stressaktivierung im Körper auslöste, mit dem Ziel durch die Ausschüttung sogenannter Stresshormone ganz viel Energie – für Angriff oder Flucht – bereitzustellen.

Auch wenn wir es heute mit ganz anderen bedrohlichen Auslösern zu tun haben, und die Stressreaktion in der Theorie eigentlich ein super Gehirn-Körper-Management-System darstellt, so ist dieser Ur-Prozess im beruflichen wie privaten Alltag heute nicht mehr notwendig, aber dennoch weiterhin vorhanden. Aus evolutionärer Sicht ist Stress also ein Mechanismus, der vor Gefahren schützt. Und alles, was wir nicht einschätzen können, also uns unbekannt ist, könnte daher auch eine potenzielle Gefahr sein.

Wir reagieren auf Veränderung mit Stress um uns zu schützen. Auch ganze Unternehmen können unter diesem Stress leiden. Denn Veränderung geht nicht nur mit Ungewissheit sondern auch mit sehr realen Herausforderungen einher, die bewältigt werden müssen. Mitarbeiter:innen fühlen sich verunsichert, verwirrt und überfordert, und auch das Management ist nicht immer der Fels in der Brandung, den ein Veränderungsprozess braucht.

Und deswegen mögen wir keine Veränderungen – auch wenn sie eigentlich, rational betrachtet, noch so sinnvoll erscheinen können.

FÜNF FAKTEN ZUR VERÄNDERUNG

Es lassen sich also fünf Fakten festhalten:

1. Veränderungen sind in der heutigen Zeit Teil unseres Lebens. Märkte, Technologien und gesellschaftliche Rahmenbedingungen verändern sich immer schneller und fordern Menschen sowie Unternehmen heraus, sich zu wandeln.

2. Dass wir erstmal keine Veränderung mögen, ist völlig normal und naturgemäß ein Teil unseres ureigenen Instinkts. Zudem müssen auf einmal vertraute Vorgehensweisen wieder überdacht und lieb gewonnene Gewohnheiten abgelöst werden. Das kann nerven.

3. Mit der Veränderung kommen direkt – mal mehr oder weniger ausgeprägt – Reaktionen wie Angst, Unbehagen, Unsicherheit. Das sind völlig normale Erstreaktionen, die sich zunächst nicht ausschalten lassen, aber immer bei sich selbst und auch anderen berücksichtigt werden sollten.

4. Abrupte Veränderungen führen uns in Notfallmechanismen, die das Gehen neuer Wege zunächst nicht begünstigen sondern eher dazu führen, dass alte Gewohnheiten verstärkt werden. Und dann geht erst einmal gar nichts mehr mit Veränderung…

5. Damit wir Veränderungen vielleicht doch noch mögen sollte bedacht werden, dass erfolgreiche Verhaltensänderungen nur in kleinen Schritten möglich sind. Radikale Umbrüche bringen – ähnlich wie radikale Diäten – meist nicht die erhofften Ergebnisse, sondern sind häufig mit einem Jojo-Effekt verbunden.

Change Management – so können Veränderungen gelingen

Veränderung, Change und Transformation – alle sprechen davon und wissen, wie notwendig es ist, sich schnell an permanent wechselnde Bedingungen anzupassen. Dabei reicht das Spektrum der Veränderungsinhalte von der strategischen Ausrichtung über die kontinuierliche Vereinfachung von Geschäftsprozessen bis zur individuellen Persönlichkeitsentwicklung.

Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die Begriffe wie „Change“ und „Transformation“ nicht mehr hören können. Möglicherweise sind Sie auch schon müde von vielen bisher erfolgten Pseudo-Veränderungen, die dann doch nicht komplett erfolgt sind oder im schlimmsten Fall nichts gebracht haben. Erstmal toll, dass Sie trotzdem noch immer hier fleißig am Lesen sind und Interesse für das Thema haben 😃.

Wandel ist aus meiner Sicht kein Mittel zum Zweck, sondern ein Grundprinzip des Lebens. Veränderung heißt, dass wir wachsen, uns entwickeln und dem bereits schon angelegten besten Selbst immer näher kommen. In Phasen des Widerstands kann eine solche Sichtweise Wunder bewirken und den ein oder anderen inneren Schweinehund 🐷🐶😱 enttarnen. Probieren Sie das Umdenken gerne mal aus.

Wer will, findet Wege – und wer nicht, will findet Gründe

Veränderungsprozesse sind dynamisch. Um solche erfolgreich zu etablieren, gibt es Ansätze und theoretische Modelle. Bei den gängigen Herangehensweisen handelt es sich um sogenannte Phasenmodelle. Diese geben Klarheit, Struktur, erklären Verhaltensweisen und geben einen möglichen Handlungsrahmen in den Phasen der Umsetzung.

Ansätze und Methoden sind bekanntlich nur so gut wie die Menschen, die sie einsetzen und anwenden. Deshalb gilt es immer zu beachten, dass die Überzeugung zum Change entscheidend ist. Nur wenn Unternehmer:in, Führungskräfte und Mitarbeiter:innen von einer Notwendigkeit zur Veränderung überzeugt sind, wird diese gelingen.

Um das zu schaffen, gibt es zum Schluss noch ein paar allgemein gültige Tipps für die Umsetzung:

  • Einzelne Schritte planen und strukturieren – Schritt für Schritt ins Veränderungsglück 😊
  • Alle Beteiligten rechtzeitig informieren
  • Notwendigkeit erklären
  • Alle Betroffene einbeziehen
  • Mögliche „Verlierer:innen“ fair behandeln und für neue Aufgaben qualifizieren
    Veränderungsbereitschaft vorleben
  • Etappenziele benennen und Erfolge auf dem Weg feiern 🥳

Fazit: Auch wenn wir Veränderungen nicht mögen – den Weg trotzdem gehen

Last but not least: Veränderungsarbeit besteht darin, dem cleveren Gehirn beizubringen das zu mögen, was sich der Verstand ausgedacht hat. Also vergessen Sie die hartnäckigen Gewohnheitsmonsterchen 👻 nicht und denken Sie daran, dass wir Veränderungen prinzipiell nicht mögen. Warum das so ist, sollten Sie nun wissen 🤓.

Übrigens setzen sich manche, neben dem Vorhaben selbst, auch mit dem evolutionär tief verankerten eigenen Gewohnheiten und Emotionen auseinander. Und das löst bei den meisten Unmut und Widerspruch aus, wie beispielsweise: Das sei Aufgabe von Coachs oder Therapeut:innen aber nicht von Führungskräften. Außerdem fehle für so etwas im Berufsalltag die Zeit. Zudem sei es gar nicht notwendig. Denn man müsse nur die Kommunikation verbessern – und vieles mehr. Ja, ich stimme Ihnen bei diesen Argumenten zu. Die Frage ist allerdings, ob in diesem Zusammenhang das Rechtbehalten genügt, um eine möglicherweise für das Business überlebenswichtige Veränderung in den Griff zu bekommen?

Und manchmal, aber nur manchmal ist Rechtbehalten auch eine Form des Widerstands in den Phasen der Veränderung. Deshalb möchte ich diesen Beitrag mit einer persönlichen Frage an Sie beenden:

Wie stehen Sie persönlich zu Veränderungen? Fällt es Ihnen leicht, sich zu ändern bzw. sich auf neue Herausforderungen einzulassen – auch dann, wenn das Unsicherheit, Angst und Unwohlsein bei Ihnen auslöst?

Schreiben Sie mir gerne dazu – ich freue mich auf Ihr Feedback. Und sollten Sie kompetente Unterstützung bei einem Veränderungsvorhaben benötigen oder einfach nur einen externen, erweiterten Blick über den wirtschaftlichen Faktentellerrand hinaus benötigen, dann kontaktieren Sie mich auch gerne. Zu zweit geht’s leichter – lassen Sie sich unterstützen. Ich freue mich auf Sie. 👋

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